Hoffnung kommt aus Bolivien.
BETTLER AUF GOLDENEM THRON

Ein Theaterstück

 


Was können wir von den Bolivianern lernen?

Das Ziel: „Vivir bien“ - gut leben, in Würde leben ohne Raubbau an der Natur. In unserem neuesten Stück zeichnen wir den langen Weg Boliviens aus Unterdrückung und Ausbeutung nach, mit seinen Widersprüchen, Rückschlägen, Erfolgen, und seinem langen Atem im politischen Kampf. Gründlich recherchiert, rasant inszeniert mit Musik, Humor und starken Bildern.

Hintergrund
Soziale Proteste erschüttern seit Jahren das politische Leben Lateinamerikas. Der vorerst letzte Aufbruch fand in Bolivien statt. Nicht erst seitdem dort ein Indigener als Staatsoberhaupt in den Regierungspalast eingezogen ist, herrscht in dem Land Skepsis gegenüber den westlichen Vorstellungen von Entwicklung. Zu oft haben diese die Traditionen und Träume der „unterentwickelten“ Völker auf gewaltsame Weise missachtet. Evo Morales sagt: „Es geht darum, gut zu leben, ‘vivir bien’, nicht besser d.h. im Luxus zu leben. Besser leben geht nur auf Kosten Dritter und zum Preis der Umweltzerstörung.“ Also: keine Ausbeutung von Menschen durch Menschen. Und: Leben im Einklang mit der Natur.
Und ist das Konzept des Vivir Bien nicht auch eine Chance für unsere eigene Gesellschaft? Ein auf Konsum ausgerichteter und räuberischer Lebensstil bedroht unser aller Überleben. In dem Sinne will der Titel des Theaterstückes nicht nur sagen: Das arme Bolivien sitzt auf gigantischen Reichtümern (z.B. Lithium), sondern meint auch: Es besitzt geistige Schätze, die es mit uns zu teilen bereit ist: den Spirit der Anden. Papst Franziskus: „Evo, meine Bewunderung. Ich begleite dich mit meinem Segen.“ Es lebe die Lateinamerika-Solidarität!

In Bolivien ist das andine „Vivir Bien“ als Ziel in die Verfassung aufgenommen worden. Aber eine Sache ist die Absicht, eine andere, sie zu verwirklichen. Heftiger Widerstand kam sofort und von mehreren Seiten. Zuerst von der weißen Herrenklasse im Land, die seit Jahrhunderten gewohnt ist, die Indios auszubeuten und zu unterdrücken. Dann vom westlichen Ausland, dessen Konzerne nicht akzeptieren wollten, dass die Reichtümer des Landes in Zukunft nicht ihnen, sondern den Landeskindern zugute kommen sollten. Dass Wasser ein öffentliches Gut ist und nicht in die Hände privater Gesellschaften gehört, passte auch nicht in die Vorstellungswelt deutscher Entwicklungspolitik. Heftige Kämpfe gab es in den vergangenen Jahren - um das Wasser, um das Öl, um das Gas. Und viele Tote kostete die Rückgewinnung der Bergwerke, der Öl- und Gasvorkommen, der Plantagen. Die Stärke der sozialen Bewegungen im Land sowie die Abkehr Südamerikas von neoliberaler Politik überhaupt (kein Freihandel mit den USA!) brachten schließlich die Wende. 

Die heutige bolivianische Regierungspolitik ist nicht frei von eigenen Widersprüchen, sichtbar z.B. im Protest gegen das Projekt einer Straße durch das „Indigene Territorium Nationalpark Isiboro Sécure“. (Und wozu ein Atomkraftwerk?) Unbestreitbar ist jedoch, dass der Erlös aus dem Verkauf der Ressourcen jetzt der eigenen Bevölkerung zugute kommt. UNO wie Weltbank haben die großen Erfolge Boliviens im Kampf gegen die Armut anerkannt. 

Der bolivianische Aufbruch bleibt weiterhin gefährdet und braucht unsere Unterstützung - durch Aufdecken von Destabilisierungsversuchen, durch Kritik an Verzerrungen in unseren Medien, durch Verständnis für die Schwierigkeiten beim Aufbau des „plurinationalen“ Staates.

Aktualität des Stückes
1.) Wie die Bolivianer zusammen mit anderen Ländern Lateinamerikas das Freihandelsabkommen mit den USA zu Fall brachten, wie sie in ihrem "plurinationalen Staat" ein für allemal Schluss mit dem Rassismus machten, wie sie dem Neoliberalismus die Stirn boten und die Ausbeutung durch übermächtige multinationale Konzerne beendeten, das gehört zu den bemerkenswertesten Ereignissen des neuen Jahrhunderts. Und all ihre Erfolge erreichten sie auf (fast) gewaltfreie Weise - durch Streiks, Hungerstreiks, Besetzungen, Straßenblockaden, durch Mobilisierung von Mehrheiten bei Wahlen, disziplinierte Zusammenarbeit der Basisorganisationen. Wir in Deutschland können von den Bolivianern für unsere politische Arbeit eine Menge lernen.

2.) Hochaktuell und inspirierend für unsere, auf ökonomisches Wachstum fixierte Gesellschaft ist die in Boliviens Verfassung verankerte Vision des "Vivir Bien", das Leitbild einer mit der Natur und mit sich selbst versöhnten menschlichen Welt, eines Lebens in Würde. Wie groß die Zustimmung zu dieser Vision auch hierzulande ist, konnten wir durch die tollen Rückmeldungen auf unsere Bühnenbildaktion erfahren. Was es damit auf sich hat, unter: www.berlinercompagnie.de/Buntes-Zeichen.htm

3.) Es geht nicht um Heldenverehrung, auch in Bolivien sind fehlerhafte Menschen zugange. Verfassung und Verfassungswirklichkeit ist in Bolivien gewiss nicht dasselbe. Noch ist die Armut im Land so groß, dass die Regierung immer wieder zum Spagat zwischen Naturschutz und Extraktion der Ressourcen gezwungen ist. Aber solange der Befreiungsprozess dieses seit 500 Jahren unterdrückten und ausgeplünderten Landes von innen und außen gefährdet ist, braucht es unsere kritische Solidarität.

S
tück: Helma Fries, Regie / Dramaturgie: Elke Schuster, Musikalische Arrangements und Einstudierung: Rudolf Stodola, Bühne: Elke Schuster, Technik: Wulf Jahn, Regieassistenz: Chris Möller, Organisation: Sybille Sellwig, Tourneeplanung: Karin Fries, Fotos: Ida Henschel 
Es spielen: Angelika Warning,  H.G. Fries, Rondo Beat, Jean-Theo Jost


Gastspieltermine: siehe Veranstalterseite

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